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Wirkungstransparenz

Ernährung

Lebensgrundlagen schützen und Ernährungssicherheit aufrecht erhalten

Mit Hilfe des Zukunftsbildes für die Branche Ernährung möchten wir aufzeigen, welche Projekte wir finanzieren, um den Menschen eine gesunde Ernährung zu sichern und gleichzeitig unsere ökologische Lebensgrundlage zu schützen. Wir brauchen eine zukunftsfähige Landwirtschaft, die sich nicht ihre eigene Grundlage entzieht. Dafür benötigen wir 100 % ökologische Landwirtschaft. In der ökologischen Landwirtschaft wird der negative Einfluss auf die Ökosysteme so gering wie möglich gehalten. Durch Kreislaufwirtschaft und regionale Futtermittel wird CO2 eingespart, durch Vermeidung von Monokulturen und Vielfalt an Saatgut und Fruchtfolgen leisten Bio-Bauern einen wichtigen Beitrag zum Artenschutz. Durch den Verzicht auf chemisch-synthetische Pestizide und mineralische Düngemittel werden Boden und Gewässer geschützt.

Es darf nicht die alleinige Aufgabe von Umweltschützer*innen sein, Schadstoffe aus der Umwelt wieder zu entfernen. Wir müssen uns alle dafür einsetzen, dass diese Schadstoffe erst gar nicht in Umlauf gelangen. Lebensmittel legen häufig lange Wege zurück, bis sie auf den Teller kommen. Kurze Transportwege sind nicht nur gut fürs Klima, sondern fördern auch die regionale Wertschöpfung. Gleichzeitig sind viele verschiedene Parteien an der Produktion eines Lebensmittels beteiligt. Wir möchten Unternehmen unterstützen, die faire Partnerschaften mit ihren Lieferant*innen haben und diese in Zukunft ausbauen wollen. Für die Gestaltung der sozial-ökologischen Transformation benötigen wir zudem Innovationen, die die Gesundheit der Menschen und Mitwelt im gleichen Maße berücksichtigen.

In unserem Interview mit Katrin Heuzard la Couture können Sie mehr über die Branche Ernährung erfahren:

Audio-Inhalt: Branchenkoordinatorin Katrin Heuzard la Couture über Ernährung bei der GLS Bank

Unser Nachhaltigkeitsbericht ist ein Schritt hin zu einer Integration verschiedener Berichtsformate und -standards. Daher enthält diese Seite bereits Inhalte aus

  • der Gemeinwohlökonomie (GWÖ)-Matrix:
    GWÖ B1.2, GWÖ B3.2, GWÖ D4.2, GWÖ E1.1, GWÖ E4.1
  • unserem GRI Datenbericht:
    GRI FS1, GRI FS2.

Jedes Zukunftsbild einer Branche besteht aus fünf Qualitäten, die wir als zentrale Hebel des sozial-ökologischen Wandels innerhalb der Branche identifiziert haben. Jede einzelne Qualität greift mediale, wissenschaftliche und gesellschaftspolitische Aspekte auf und eröffnet in Verbindung mit den übrigen Qualitäten eine Diskussion für eine gemeinsame Gestaltung unserer Zukunft.

Neue Wege gehen und Wandel ermöglichen

In der Branche Ernährung unterscheiden wir bei der GLS Bank zwischen zwei Clustern: Ökologische Landwirtschaft und Naturkost. In das Cluster Naturkost gehören verarbeitende Unternehmen (z.B. Hersteller von Bio-Säften), der Großhandel und der Einzelhandel. Zum Einzelhandel zählen wir den kleinen Bioladen um die Ecke, genau wie die Bioläden mit mehreren Filialen sowie Bio-Kisten, welche gerade in der Pandemie in ihren Absatzzahlen sprunghaft gewachsen sind. 

Im Bereich ökologische Landwirtschaft unterstützen wir biozertifizierte Landwirtschaft und Betriebe, die sich auf den Weg der Transformation hin zu einer biozertifizierten Landwirtschaft machen. Auch die Wald- und Forstwirtschaft gehört dazu. Schwerpunktmäßig stellen wir an dieser Stelle die Wirkung der Bereiche ökologische Landwirtschaft und Naturkost im Jahr 2021 dar.

Vom Acker auf den Teller: ohne Flächen geht es nicht

Im Jahr 2021 wurden für mehr als 3/4 der Anbaufläche der finanzierten landwirtschaftlichen Betriebe die hochwertige ökologische Qualität durch Demeter oder Bioland zertifiziert. Im deutschen Durchschnitt sind nur 1/3 der Biohöfe durch diese beiden Verbände zertifiziert.1 Dabei wurden zusätzlich 162,8 Hektar landwirtschaftliche Fläche erschlossen, etwa durch den Neuerwerb und die Erschließung von Flächen sowie die Umwandlung von konventionell bewirtschafteten Flächen in ökologische Flächen. Bis 2030 sollen in Deutschland laut Bundesregierung mindesten 30% Ökolandbau vorhanden sein – allein dafür müssten jedes Jahr 12% mehr Fläche umgewandelt werden.1 Das aktuelle Wachstum der ökologischen Landwirtschaft reicht für dieses Ziel bei weitem nicht aus. Vor diesem Hintergrund freut es uns, dass 72% der von uns finanzierten Betriebe eine Flächenausdehnung in den nächsten ein bis drei Jahren planen. Bei genauer Betrachtung der finanzierten Höfe sehen wir, dass, bezogen auf die bewirtschaftete Fläche, 14,9% der entsprechend zertifizierten Hofflächen nach Demeter, 62,3% Bioland und 22,8% nach anderen Bioanbauverbänden bewirtschaftet werden. Im Rahmen der Datenerfassung wurden die Anbauverbände Demeter und Bioland getrennt erfasst, alle „anderen Bioanbauverbände“ werden in unserer Abfrage nicht weiter spezifiziert.

Der Bestand an ökologischer Fläche, den die von uns im Jahr 2021 finanzierten Betriebe haben, beläuft sich auf 15.488 Hektar. Dabei liegt der durchschnittliche Flächenbestand bei 161,3 Hektar und der Median der ökologischen Fläche bei 82,5 Hektar je landwirtschaftlichem Betrieb. Interessant ist ebenso die Größenstruktur der finanzierten ökologischen Betriebe:

11% der finanzierten Höfe haben eine Gesamtgröße unter fünf Hektar. Insgesamt sind zwei von fünf Höfen, bezogen auf die Fläche, deutlich kleiner als der durchschnittliche landwirtschaftliche Betrieb in Deutschland von ca. 60 Hektar. Große und sehr große landwirtschaftliche Betriebe ab 500 bzw. 1.000 Hektar stellen 5% der finanzierten Betriebe im Jahr 2021 dar. Auch diese großen und sehr großen Betriebe werden benötigt, um die dringend benötigte Umstellung auf 100% ökologische Landwirtschaft in absehbarer Zeit zu schaffen.

Um unseren Anspruch 100% ökologische Landwirtschaft zu erreichen, benötigen wir noch viele zusätzliche Flächen und eine deutliche Steigerung beim Umstieg auf ökologische Anbauflächen. Den Anteil der ökologischen Landwirtschaft in den kommenden Jahren signifikant zu erhöhen, wird ohne größere Höfe und Projekte nicht gelingen. Die Größe des Betriebs sagt dabei nicht unmittelbar etwas über die Qualität aus. Unsere Erfahrung zeigt: Gute Betriebe gibt es in jeder Größe. Wenn wir die Agrarwende in der Breite schaffen wollen, braucht es neben vielen kleinen und mittleren Höfen auch größere Betriebe.

Biolandbau bedeutet auch Klimaschutz 

Böden setzen unterschiedlich viele Treibhausgase frei, je nach landwirtschaftlicher Nutzungsform und Düngung.2 So emittieren die von uns 2021 finanzierten ökologischen Landwirtschaftsbetriebe in Summe schätzungsweise 11.355,8 tCO2 weniger pro Jahr im Vergleich zu konventionellen Flächen. Diese Annahme beruht auf einer Studie in der Schweiz von 2019, bei der die abgesonderten Mengen an Methangas (CH4) und Lachgas (N2O) von bio-dynamisch (z.B. Demeter) und bio-organisch (z.B. Bioland) bewirtschafteten Landwirtschaftsflächen mit konventionellen verglichen wurden. Der Treibhauseffekt der beiden Gase wurde in CO2-Äquivalente umgerechnet, also wie viel CO2 müsste emittiert werden, um dieselbe negative Auswirkung auf unser Klima zu haben. Angemerkt werden muss zudem, dass wir bei dieser Schätzung nicht nach der Art (z.B. Acker- oder Weideland) oder der Intensität der landwirtschaftlichen Nutzung unterschieden haben. Die eingesparten Treibhausgas-Emissionen entsprechen ungefähr den durchschnittlichen CO2-Emissionen von 1.000 deutschen Bundesbürger*innen pro Jahr.

Ein Rind produziert durchschnittlich 191 Liter Methangas. Jeden Tag. Ist der friedliebende Wiederkäuer deshalb schädlich fürs Klima? Das kommt auf die Art der Haltung an! Mehr dazu in unserem Blogartikel „Die Kuh – ein Klimakiller?

Darüber hinaus haben Biohöfe einen stabilisierenden Einfluss auf die Biodiversität. Wo konventionelle Landwirtschaftsflächen in Bezug auf die biologische Vielfalt wie eine Wüste wirken, leistet der ökologische Landbau nachweislich einen hohen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität aufgrund vielfältiger Fruchtfolgen und des Verzichts auf chemisch-synthetische Pestizide und mineralische Stickstoffdünger. Neu geschaffene Biotope und Landschaftsstrukturen wie Hecken und Säume können auch von seltenen Arten gut besiedelt werden. Schon geringe Änderungen in den Bewirtschaftungsverfahren können eine hohe Wirkung entfalten.

Die Preise sind falsch

Die Menschheit benötigt Land- und Meeresfläche für Infrastruktur und die Nahrungsmittelproduktion. Nehmen wir der Natur diesen Raum, bedroht dies das komplexe Zusammenspiel von wildlebenden Arten in Ökosystemen. Zeitgleich ist das Überleben der Menschheit abhängig von Ökosystemen mit ihren vielfältigen Leistungen. Es ist möglich, landwirtschaftliche Flächen so zu bewirtschaften, dass sie Lebensraum für wildlebende Tier- und Pflanzenarten bieten. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, verantwortungsvoll mit der Natur umzugehen. Dazu gehören die tier- und pflanzengerechte Planung von ländlichen und urbanen Räumen sowie eine gerechte Bepreisung der volkswirtschaftlichen Folgekosten durch die Landwirtschaft.

Fakt ist: Derzeit werden klima- und biodiversitätsschädliche Praktiken monetär belohnt. Sei es durch fehlgeleitete Subventionen oder geringe Abnahmepreise, die den Mehrwert durch verantwortungsvolle Bewirtschaftung nicht adäquat einpreisen. Die GLS Bank hat gemeinsam mit Soil & More im Rahmen der Initiative zu „True Cost Accounting“ in einer Studie von 2020 die wahren Kosten der Landwirtschaft ermittelt. Im Ergebnis erwirtschaften die Biobetriebe durchschnittlich einen positiven Nettonutzen in Höhe von rund 720 Euro pro Hektar, wohingegen die konventionellen Vergleichsbetriebe auf Nettokosten in Höhe von durchschnittlich 3.670 Euro pro Hektar kommen. Die bewertete Differenz liegt somit bei fast 4.400 Euro pro Hektar.

Die EU plant mit der Farm to Fork-Strategie im Rahmen des Green New Deals einen deutlichen Ausbau von ökologischer Landwirtschaft (25% der Fläche bis 2030). Deutschland möchte im selben Zeitraum 30% Abdeckung erreichen. Die GLS Bank übersteigt mit ihrer Forderung nach 100% ökologischer Landwirtschaft und ihrem Engagement für eine zukunftsfähige Landwirtschaft die politischen Rahmenbedingungen bei weitem.

Und wie sieht es im Bereich Naturkost aus?

Allein im Jahr 2021 konnten wir durch unsere Finanzierungen eine zusätzliche Fläche von mindestens 17.539 m2 zur Verarbeitung und Herstellung von ökologischen Nahrungs- und Genussmitteln ermöglichen. Diese Flächen werden z.B. zur Gemüseaufbereitung, Verkauf und Lagerung verwendet. Die Unternehmen versorgen die Verbraucher*innen u.a. mit fairen Gewürzen, Brot aus Handwerk, Haferdrink, leckerem Kaffee oder Bier mit sozialem Mehrwert. Damit leisten wir einen Beitrag, um den Anteil von Bio-Lebensmitteln kontinuierlich zu steigern. Und wie steht es um die Zertifizierung der hergestellten bzw. verkauften Lebensmittel?

Wenn wir uns den gesamten Umsatz der von der GLS Bank finanzierten Unternehmen im Bereich Naturkost anschauen, zeigen unsere Ergebnisse, dass EU-Bio-Produkte mit 70% den größten Anteil am Umsatz ausmachen. Gefolgt von Demeter (16%) und Bioland (11%).

Wenn wir uns im zweiten Schritt nun auch zusätzlich den Umsatz unserer Kund*innen anschauen, der nicht nach Demeter, Bioland, Naturland und EU-Bio zertifiziert wurde, ergibt sich folgendes Bild:

Nach der aktuellen Datenlage hat der von uns 2021 finanzierte Naturkostbereich nur 5% seines Sortiments bzw. seiner hergestellten Produkte nicht mit den Siegeln Demeter, Bioland, Naturland oder EU-Bio zertifiziert. Das heißt, diese 5% haben entweder ein anderes (Bio-)Siegel, kein Siegel oder es fehlen schlicht Daten zur Zertifizierung. Dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass 5% des Sortiments keine Bio-Qualität haben: So lassen kleine Betriebe (und z.B. auch Kooperativen im globalen Süden) ihre Bioprodukte auf Grund der hohen Kosten für die Zertifizierung und des Aufwands teilweise nicht zertifizieren. Gleichzeitig können unter diese 5% Produkte fallen, die z.B. Fairtrade zertifiziert sind, jedoch kein Bio-Siegel haben und/oder mit einem ausländischen Bio-Siegel zertifiziert sind, welches wir bisher nicht erfassen. Hinzu kommt: Viele Unternehmen wollen Teil der Transformation sein und stellen Stück für Stück ihre Produkte bzw. ihr Sortiment um. Diese Transformation hin zu einer zukunftsfähigen Landwirtschaft begleiten wir als GLS Bank.

Regionalität der Ernährung 

Ökologische Aspekte spielen eine zentrale Rolle in unserem Zukunftsbild Ernährung. Dazu gehört neben der Zertifizierung auch die Art und Weise, wie und bei wem Produkte und Rohstoffe gekauft bzw. wohin sie verkauft werden. Der Begriff „regional“ ist im Gegensatz zum Begriff „Bio“ rechtlich nicht geschützt und nicht einheitlich definiert. Dementsprechend kann jedes Unternehmen selbst entscheiden, welche Produkte es als regional bezeichnet. Die Kund*innen müssen somit einen genauen Blick auf die Herkunft des Produktes werfen, um zu wissen, in welcher Entfernung das Produkt produziert wurde. Mit unserem GLS Zukunftsbild Ernährung wollen wir explizit auf die Qualität Regionale Wertschöpfung einzahlen. Welchen Beitrag dazu leisten die Unternehmen, welche von der GLS Bank im Jahr 2021 finanziert wurden? Wir haben die Unternehmen und Betriebe in der Branche Ernährung nach ihrem Verständnis von Regionalität gefragt:

Für durchschnittlich zwei von fünf unserer Kreditempfänger*innen aus dem Bereich Naturkost bedeutet Regionalität, dass die Produkte und Rohstoffe aus einer Entfernung von maximal 70 km kommen. Jedoch: Fast 20% unserer Kund*innen finden die Bezeichnung für regionale Produkte noch angemessen, wenn die Entfernung über 280 km liegt, wobei 280 km einem Drittel der Nord-Süd Länge Deutschlands entsprechen. Grundsätzlich stellt sich die Frage: Können alle Produkte, die wir konsumieren, regional hergestellt werden? Zum Beispiel finanzieren wir auch Unternehmen, die Kaffee importieren und rösten oder Gewürze an Bioläden verkaufen. Kaffee, Tee und Pfeffer wachsen nicht in Deutschland und können somit nicht als regionale Produkte verkauft werden. Darüber hinaus sind die Bodenqualitäten auch innerhalb Deutschlands sehr unterschiedlich. Nicht jedes landwirtschaftliche Erzeugnis kann in direkter Umgebung produziert werden.

Nicht-regionale Produkte, die einen langen Transportweg hinter sich haben, zeichnen sich oftmals durch eine vergleichsweise schlechte Klimabilanz aus. Zusätzlich sorgen Nebenprodukte aus der Verbrennung von Treibstoff für eine schlechte Luftqualität und der Reifenabtrieb, welcher beim Transport durch LKW besonders intensiv ist, ist eine der Hauptursachen für Mikroplastik in der Umwelt.Deshalb machen sich unsere Kund*innen vermehrt Gedanken darüber, wie dieser Transport möglichst nachhaltig gestaltet werden kann, z.B. mit dem Transport per Segelfracht. Weitere Ansätze unserer Kund*innen bestehen aus der Reduzierung des Verpackungsmülls durch Einführung von Mehrwegsystemen oder verpackungsfreie Snacks.

Im Hinblick auf die Förderung der regionalen Wertschöpfung zeigen unsere Ergebnisse aus dem Jahr 2021 auch: 85,7% unser Kund*innen im Bereich Naturkost führen gezielt Maßnahmen durch, um den regionalen Einkauf zu stärken. Hierzu gehören u.a. Schulungen bei Landwirt*innen, damit die benötigten Produkte regional angebaut werden können (z.B. Sojaanbau in Deutschland und regionaler Hafer). Dies ist wichtig, denn nur wenn es regionale Strukturen gibt, über die die Landwirt*innen die Produkte langfristig und sicher verkaufen können, besteht für Kund*innen die Möglichkeit, diese zu beziehen. Durch eine regionale Vermarktung entsteht eine Beziehung zu den Kund*innen.

Zuverlässige Partner, kurze Lieferketten, faire Preise - Direktvermarktung 

Bei den Betrieben, die eine Direktvermarktung nutzen, beläuft sich der durchschnittliche Anteil der Direktvermarktung am Umsatz auf 45,6%. Absolut bedeutet dies: mehr als 13.188.050 Euro wurden im Jahr 2021 mit einer Direktvermarktung bis 140 km umgesetzt. Bezogen auf den gesamten Umsatz sinkt der relative Anteil der regionalen Direktvermarktung jedoch auf knapp 20,8%. Eine Studie belegt: 2016 haben 11,2% aller Biohöfe in Deutschland einen Teil ihres Einkommens aus der Direktvermarktung oder der Verarbeitung erwirtschaftet.4 Bei der Direktvermarktung haben die Menschen die Möglichkeit genau zu wissen, wo ihre Lebensmittel herkommen und wer sie für sie angebaut hat. So kann der Anonymität zwischen Produzierenden und Konsumierenden entgegengewirkt werden und durch die entstehende Beziehung kann ein anderes Bewusstsein für die Lebensmittelproduktion und den tatsächlichen Wert der Lebensmittel aufgebaut werden. Dieses Bewusstsein führt zu aktiven Kaufentscheidungen, welche sich positiv auf die Gesundheit des Menschen und der Mitwelt auswirken können. Gleichzeitig müssen die Landwirt*innen überprüfen, ob das gewählte Konzept eine angemessene Lösung für den jeweiligen Standort und die Menschen ist. Es können und wollen nicht alle Verbraucher*innen und Landwirt*innen Direktvermarktung in Anspruch nehmen. Eine gute Zusammenarbeit mit Großhändlern, Lieferdiensten und Bioläden kann auch positiv auf die regionale Vermarktung einzahlen. Es darf nicht das Ziel sein, dass alle Menschen mit dem Auto zum Hof fahren, um dort im Hofladen einzukaufen. Deshalb benötigen wir sogenannte Food Hubs: Logistik- und Verteilzentren, in denen regionale Produkte zentral gesammelt werden können. So kann Direktvermarktung in der Region nicht nur an den Endkund*innen funktionieren, sondern auch an Großverbraucher*innen wie Uni Mensen, Cateringunternehmen, Betriebskantinen, Krankenhäuser etc. Dies würde die regionale Wertschöpfung in Deutschland einen großen Schritt voranbringen.

Wie in allen Branchen ist es auch in der Branche Ernährung wichtig, dass Faire Geschäftspartnerschaften geführt werden. Durch zuverlässige und langfristige Geschäftsbeziehungen können alle Beteiligten besser planen und wirtschaften. Jedoch muss jedem Unternehmen selbst überlassen sein, die Geschäftsbeziehung zu beenden, falls sie nicht mehr als sinnvoll erachtet wird. Wenn Unternehmen sich in den letzten Jahren neu aufgestellt haben, wurden auch die bestehenden Geschäftsbeziehungen neu überdacht. So sind neue bzw. kurze Geschäftsbeziehungen nicht per se negativ zu bewerten. Bei der Transformation eines Unternehmens zu einem nachhaltigen Unternehmen kann es dazu kommen, dass alte Geschäftsbeziehungen gekündigt und neue, nachhaltigere Partner gefunden wurden. Außerdem werden neue Geschäftsbeziehungen geschlossen, um neue Produkte auf den Markt zu bringen oder der hohen Nachfrage eines Produktes gerecht zu werden.

Insgesamt ergreifen 96% der von uns finanzierten landwirtschaftlichen Betriebe Maßnahmen zur Etablierung fairer Partnerschaften. So ist es möglich, dass dem Preisdruck in der Land- und Lebensmittelwirtschaft durch partnerschaftliche Qualitäten wie Vertrauen, Transparenz und Solidarität entgegengewirkt wird. Hinzu kommt: Unsere Kund*innen achten selbst darauf, dass die einzelnen Abhängigkeiten in ihren Lieferketten nicht zu groß werden. Diesen Aspekt wollen wir in Zukunft noch besser verstehen lernen.

Die aktuellen und anstehenden Herausforderungen, z.B. Klimawandel und Sicherung des Humusgehalts im Boden, benötigen Innovationen: Dies kann das Entwickeln einer Initiative zum Humusaufbau sein, aber auch die Unterstützung von ökologischen Saatgutzüchtungs-Projekten ist in Bezug auf die Klimakrise in der Land- und Lebensmittelwirtschaft elementar. Unsere Erfahrung in der Praxis zeigt: Das soziale Engagement unserer Kund*innen ist groß. Viele spenden beispielsweise durch den Verkauf ihrer Produkte einen Anteil an entsprechende Initiativen. In Zukunft wollen wir dies als Kriterium bei unseren Kund*innen erfassen, sodass wir darüber genauere Auskünfte geben können.

Wir benötigen gesunde, anpassungsfähige und vielfältige Sorten, um eine Gesunde Ernährung sicherzustellen. 65% unserer Kund*innen in der Branche Ernährung haben bereits Maßnahmen zur Förderung gesunder Ernährung und der Ernährungsbildung entwickelt. Nur auf die Einzelhändler*innen bezogen, waren es sogar 93%. Die ökologischen Landwirtschaftsbetriebe engagierten sich hingegen „nur“ zu durchschnittlich 60%, wobei die Demeter-Höfe mit 79% überdurchschnittlich viel Einsatz für dieses Thema gezeigt haben. Wie immer ist es eine Frage des Blickwinkels: Wir können in den aktuellen Herausforderungen nicht nur Risiken sehen, sondern auch Chancen. So haben unsere Unternehmen die Chance, die zukunftsfähige Transformation mitzugestalten.

In der Nähe von Leipzig eröffnete mit über 1.000 Mitgliedern und 35 Hektar Land aus zuvor konventioneller Massenproduktion die größte solidarische Landwirtschaft. Mehr dazu im Blogartikel „Komm auf den Acker“.

Weshalb die Produktion von Saatgut Macht konzentriert und wie Öko-Saatgut sich in diesem schwierigen Umfeld behauptet, können Sie im Blogartikel „Markt für Öko-Saatgut wächst trotz globaler Riesen“ nachlesen.

Der Dottenfelderhof übernimmt Verantwortung für die Zukunft der Landwirtschaft: https://blog.gls.de/bankspiegel/einzelaehrendrescher-saatgut-im-fokus/

Andechser zeigt, wie eine Beziehung zwischen Kund*innen und Landwirt*innen aufgebaut werden kann:
https://blog.gls.de/bankspiegel/nachhaltigkeit-von-kuehen-flaschen-und-taschen/

Odefey & Töchter macht vor, wie zukunftsfähige Landwirtschaft funktioniert: 
https://blog.gls.de/kundenportraet/weide-huehner-odefey-toechter/

BioBoden sichert Fläche für die Biolandwirtschaft:
https://blog.gls.de/landwirtschaft/bioboden-gemeinsam-fuer-zukunftsfaehige-landwirtschaft/

Wussten Sie schon?

Die GLS Bank fordert seit vielen Jahren eine Abgabe auf Spritz- und Düngemittel. 2020 hat die GLS Bank eine Studie am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Auftrag gegeben, in der die Wirkung und Umsetzbarkeit einer Pestizid-Abgabe untersucht wurde. Die Studie zeigt: Eine Pestizid-Abgabe in Deutschland würde den Einsatz der synthetischen Mittel annähernd halbieren. Ein breites Bündnis aus NGOs (Greenpeace, WWF uvm.) unterstützen die politische Forderung der GLS Bank.

In der GLS Gruppe gibt es verschiedene Initiativen, die sich für eine zukunftsfähige Landwirtschaft engagieren. Lesen Sie hier mehr.

Wir sind Teil der Initiative „True Cost Accounting“, zusammen mit Soil&More und weiteren Pionieren, die sich dafür einsetzen, die wahren Kosten in der Lebensmittelherstellung transparent zu machen.

Agrarwende weiter vorantreiben: unser Zukunftsbild Wirklichkeit werden lassen

Wie können wir die Vision einer Land- und Lebensmittelwirtschaft, die ökologisch, regional, fair, innovativ und gesund für Mensch und Mitwelt ist, stärken? Wir versuchen dies sowohl im Innen als auch im Außen umzusetzen: Einerseits richten wir den kritischen Blick in die Bank, also auf die aktuelle Wirkung unserer Finanzierungen. Wo sind Verbesserungspotenziale? Wie können wir Firmenkund*innen gezielt begleiten, ihre Geschäftsmodelle in Richtung von Klima- und/oder Biodiversitätsschutz, regionaler Vermarktung, oder Innovationen für eine zukunftsfähige Ernährung weiterzuentwickeln? Deshalb wollen wir in Zukunft das Volumen, welches wir in ökologische Landwirtschaft investieren, deutlich vergrößern. Wir bringen die Agrarwende voran!

Andererseits richten wir den kritischen Blick nach außen und identifizieren die notwendigen Hebel der Politik, um die Agrarwende voranzutreiben. Hierzu knüpfen wir Netzwerke und fordern politische Rahmenbedingungen, wie einen lenkungswirksamen CO2-Preis und eine Abgabe auf Spritz- und Düngemittel. Wir arbeiten mit verschiedenen wissenschaftlichen Institutionen zusammen, um die Diskussionen auf eine fundierte wissenschaftliche Grundlage zu setzen.

Gemeinsam mit unseren Kund*innen können wir zudem Projekte realisieren, die neue Wege gehen und ein besonderes Augenmerk auf unser Zukunftsbild legen, diskutieren, versuchen, Erfolge feiern und Verfehlungen aufarbeiten. Klar ist: Unser Zukunftsbild ist machbar und zukunftsfähig. Dafür lasst uns streiten.

Wussten Sie schon? 

Die GLS Bank fordert seit vielen Jahren eine Abgabe auf Spritz- und Düngemittel. Eine 2021 veröffentlichte Studie unter Beteiligung der GLS Bank zeigt: Eine Pestizid-Abgabe in Deutschland würde den Einsatz der synthetischen Mittel annähernd halbieren. Ein breites Bündnis aus NGOs (Greenpeace, WWF uvm.) unterstützen die politische Forderung der GLS Bank. Unser Blog-Beitrag „Pestizidabgabe – Agrarwende politisch anpacken“ gibt dazu genauere Informationen.

Wir sind Teil der Initiative „True Cost Accounting“, zusammen mit Soil&More und weiteren Pionieren, die sich dafür einsetzen, die wahren Kosten in der Lebensmittelherstellung transparent zu machen.

Hinweis

Seit dem 1. Januar 2020 ist die Wirkungstransparenz im Kreditbereich der GLS Bank fest verankert. Zugeschnitten auf das jeweilige Geschäftsmodell und die Branche, erfassen unsere Berater*innen gemeinsam mit den Firmenkund*innen die entsprechenden Wirkungsdaten. Dabei beruhen einige Wirkungs-Datenpunkte auf Schätzungen bzw. auf der Einschätzung der Firmenkundenberater*innen. Im Jahr 2021 konnten wir bereits für etwa die Hälfte der Neukredite die sozial-ökologische Wirkung systematisch erfassen. 

1 Vgl. BÖLW, Die Bio-Branche, 2022

2 Vgl. C. Skinner, The impact of long-term organic farming on soil-derived greenhouse gas emissions, 2019

3 Vgl. R. Essel et. Al., Quellen für Mikroplastik mit Relevanz für den Meeresschutz in Deutschland, 2015

4 Vgl. M.Böhm et. Al., Neue und innovative Formen der Direktvermarktung landwirtschaftlicher Produkte, 2020